Guter Bulle – böser Bulle. Was bei Verhören eine gängige Praxis ist, scheint uns diesmal auch in der Kunst irgendwie zu streifen. Zwei, die sowohl in ihrem Werk, als auch in ihrem Leben kaum unterschiedlicher sein könnten, aber die gleiche Geschichte haben und das gleiche Ziel verfolgten, verbunden durch eine tiefe und lange Freundschaft: Frank Auerbach und Lucian Freud.
Der eine ein zurückhaltender, bescheidener, fast schon manisch in Routine verharrender scheuer Mann, der sein Atelier niemals verlässt, dem Betrachter dafür aber seine Werke, die mit mehreren Litern Farbe täglich neu entstehen, regelrecht um die Ohren haut. Der andere ein wahres Raubein, ausschweifend, lebenshungrig, egoistisch und verwahrlost. Doch in seinen Bildern verführt er den Betrachter, hinzuschauen, in die gekonnt eingefangenen Gesichter, auf die schonungslosen, aber nicht grotesk übertriebenen Akte, die feinen Linien und Farbnuancen – und man kann einfach nicht anders, als den Künstler zutiefst zu bewundern, so sehr man den Menschen dahinter vielleicht auch verabscheuen möchte.
Beide Künstler neigen zu den Extremen, im Künstlerischen wie im Privaten, nur umgekehrt proportional. Und beide Kurven kreuzen sich in ihrer Freundschaft, in ihrem Respekt vor dem Werk des anderen, und auch in ihrer Vergangenheit – beide mussten als Kinder jüdischer Herkunft vor den Nazis nach England fliehen. Frank Auerbach verdrängte, floh in die Kunst und malte wie besessen täglich expressive Köpfe; pastös, abstrakt, reduziert. Lucian Freud hingegen verschliss die Frauen und seinen Körper, aber lebte genau so exzessiv auch seine Gabe, in klassischer Manier meisterhafte Portraits und Körper erschaffen zu können.
Das Werk der beiden ist mindestens so spannend wie ihre Biografie und was liegt da näher, als die beiden Freunde einfach mal nebeneinander zu hängen? Vom 16. Mai bis 12. August versammelt die Graphische Sammlung des Städel Museums in Frankfurt erstmals Hauptwerke der beiden Künstler in einer gemeinsamen Ausstellung. „Frank Auerbach und Lucian Freud. Gesichter“ zeigt insgesamt vierzig Zeichnungen und Druckgrafiken, die natürlich zum Vergleich einladen, was mit dem Hintergrundwissen der ähnlichen und doch so ganz unterschiedlichen Lebensentwürfe wohl noch spannender sein dürfte.
Kunstausstellung vom 16.05.2018 bis zum 12.08.2018
Städel Museum | Frankfurt
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Lucian Freud (1922–2011)
Pluto, 1988
Radierung und Kaltnadel, vom Künstler mit Wasserfarbe getönt, 322 × 604 mm (Platte)
Städel Museum, Frankfurt am Main. Erworben 2018 mit Mitteln der Heinz und Gisela Friederichs Stiftung und des Städelschen Kunstinstituts.
The Lucian Freud Archive / Bridgeman Images
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Lucian Freud (1922–2011)
Head of Bruce Bernard, 1985
Radierung, 295 × 300 mm (Platte)
Privatbesitz, Köln
Foto: Städel Museum
© The Lucian Freud Archive / Bridgeman Images
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Lucian Freud (1922–2011)
Girl Sitting, 1987
Radierung, 530 × 705 mm (Platte)
Marlborough Fine Art, London
Foto: Francis Ware und Luke Walker, Marlborough Fine Art
© The Lucian Freud Archive / Bridgeman Images
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Frank Auerbach (* 1931)
Tree of Tretire I, 1975
Siebdruck über Radierung, 300 × 295 mm (Platte) Privatsammlung, Köln
© Frank Auerbach, courtesy Marlborough Fine Art
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Frank Auerbach (* 1931)
Self-Portrait, 2017
Graphitzeichnung, 768 x 575 mm
Städel Museum, Frankfurt am Main. Erworben 2017 mit Mitteln der Jürgen R. und Eva-Maria Mann Stiftung; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
Foto: Städel Museum – ARTOTHEK
© Frank Auerbach, courtesy Marlborough Fine Art
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Frank Auerbach (* 1931)
Lucian Freud, 1981 (Blatt 4 der Folge Six Etchings of Heads)
Radierung von 4 Platten in Schwarz über Grau über Schwarz, 150 × 135 mm (Platte)
Privatsammlung Köln
Foto: Städel Museum
© Frank Auerbach, courtesy Marlborough Fine Art
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Frank Auerbach (* 1931)
Julia Asleep, 2001
Radierung und Aquatinta von zwei Platten in Schwarz über Gold, 203 × 252 mm (Platte)
Privatsammlung, Köln
© Frank Auerbach, courtesy Marlborough Fine Art
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Frank Auerbach (* 1931)
Julia, 1998
Radierung und Aquatinta von zwei Platten in Schwarz über Gold, 258 × 203 mm (Platte)
Privatsammlung, Köln
Foto: Städel Museum
© Frank Auerbach, courtesy Marlborough Fine Art